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Auf Kameltour durch das Hinterland von Dahab

Salama und Hischam schien die abendliche Kälte nichts auszumachen, die allmählich in die dünnen Kleider der beiden Urlauber an ihrer Seite kroch. Der Tee und das offene Feuer hielten die Beduinen innerlich und äußerlich warm. Salama lief ständig beschäftigt hin und her. Mal legte er Holz nach, mal füllte er Wasser in die Teekanne, die sich rasch leerte. Dann schaute er wieder nach den Kamelen, die hinter der einfachen Hütte lagerten. Es war erst kurz vor vier Uhr am Nachmittag, und doch war die Sonne bereits seit einer halben Stunde hinter dem Berg verschwunden, der sich „Gabel binnt“ – „Mädchenberg“ nannte. Im Nu war es dunkel geworden, und vom Meer her wehte eine frische Brise über den Strand.

Die beiden Urlaubsreisenden, die von den Beduinen zum Tee an deren Lagerfeuer eingeladen worden waren, rückten enger zusammen und deckten ihre Beine mit Decken zu, so gut es ging. Alle vier saßen sie auf Teppichen, die direkt auf dem groben Sand- und Kiesboden ausgerollt waren. Salama goss Beduinentee nach und fügte reichlich Zucker hinzu, bevor er umrührte. Unter seiner Tarcha, dem typischen Wickelkopftuch der Beduinen, sah man in seinem freundlichen Gesicht das warme Flackern des Feuers aufleuchten. Er schmunzelte.

Dann klingelte sein Handy. Es war Ibrahim, ein gemeinsamer Freund, der aus El Arish, ihrer aller Heimatstadt am Mittelmeer, anrief. Nach einem kurzen Wortwechsel reichte Salama das Handy an den einen der beiden Touristen weiter und fragte ihn, ob er mit Ibrahim sprechen wolle. „Salamo aleicom“ sprach dieser in das Mobiltelefon und vernahm am anderen Ende der Leitung den erfreuten Gegengruß: „Aleicum Salam“. Ibrahim konnte sich sehr gut an die beiden Besucher aus Freiburg erinnern, waren diese doch bereits zwei Jahre zuvor seine Gäste und regelmäßig zu Besuch, als er die Hütte im Wadi Gunai am Roten Meer mit Salam und Monir, Hischams Bruder, teilte. Am Ende ihres Urlaubs, dem Tag vor der Abreise, hatten sie sogar eine Ganztagstour auf Kamelen in das Tal am Fuße des Sinai-Gebirges unternommen. Ibrahim und Monir hatten damals die beiden Urlauber zu Fuß begleitet. Erst später, als die beiden bereits wieder zu Hause waren, war ihnen beim Blick auf die Erinnerungsfotos und deren Erstelldatum bewusst geworden, dass der Kamelritt am 6. Januar stattgefunden hatte – am Tag der Heiligen drei Könige.

Innerhalb dieser zwei Jahre hatte sich vieles verändert: Monir, der seinerzeit noch als eiserner Junggeselle gegolten hatte, war inzwischen verheiratet und lebte jetzt in El Arish. Auch Ibrahim hatte geheiratet und kam seither nicht mehr an den Golf von Aqaba. Monir hingegen wurde in zwei Monaten wieder erwartet. Doch so lange hatten die Deutschen nicht Zeit. Ihr Heimflug ging bereits am 5. Januar, und damit einen Tag vor Dreikönig. Doch daran dachte in diesem Moment noch keiner. Zu sehr lenkte der Blick von Zuhause ab, der über das weite Meer hinaus schweifte. Dorthin, wo nachts unter dem Vollmond das Krill leuchtende Bahnen durch das tiefe Schwarz des Golfes zog. Wo tagsüber schon ab einem Meter vom Ufer entfernt das belebte Korallenriff mit seiner üppigen Farbenpracht und außergewöhnlichen Tierwelt zum Schnorcheln lockte. Nirgendwo sonst auf der Erde, so waren sich die beiden Reisenden sicher, funkelten die Sterne nachts so hell wie hier, fernab jeder größeren Siedlung, in einer Region, in der die Straßen bei Einbruch der Dunkelheit ohne jegliche Beleuchtung in der Finsternis der Berge verschwanden. In einem Land, dessen Zukunft mehr denn je im Ungewissen lag.